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Zeitenwende im On-Air-Design

Mit seinem Erscheinungsbild für das Zweite Deutsche Fernsehen (ZDF) wollte Otl Aicher „das typografische bild der bildröhre präzisieren“.

Im Herbst 1972 wurde Aicher beauftragt, ein Erscheinungsbild für das Zweite Deutsche Fernsehen (ZDF) zu entwerfen. Es galt, so die ZDF-Verantwortlichen, „den Sender stilgerecht zu präsentieren“. Bereits am 1. Oktober 1973 ging das ZDF mit neuem Design on Air. Bild: FH Dortmund / ZDF Unternehmensarchiv, Mainz; © Florian Aicher, Rotis

Es ist der 12. Mai 2022, Vorabend von Aichers Hundertstem. TV-Moderator und Redaktionsleiter Wulf Schmiese verneigt sich. Otl Aicher habe „die Bundesrepublik modern gemacht“, erklärt der ZDF-Mann dem Millionenpublikum des heute-journals: „Aicher, der morgen hundert geworden wäre, hat verdient, dass rechtzeitig an ihn erinnert wird. Jeder von uns hat sein Werk täglich irgendwo vor Augen: ob Sparkassen-S, Lufthansa-Schriftzug oder Notausgang-Piktogramm. Auch das ZDF verdankt ihm viel seines Aussehens.“ Das freilich wissen mittlerweile nur noch die älteren Fernsehzuschauer – und Designexperten.

Als Monika Maus im Herbst 1972 ihre neue Stelle im frisch eröffneten „büro aicher“ antrat, erlebte sie ihren neuen Chef völlig verändert. Ihr Bewerbungsgespräch hatte noch im Olympischen Dorf stattgefunden – an einem der ersten Wettkampf-Tage. Otl Aicher war ihr in München als fröhlicher Mann in bester Laune begegnet. Als sie ihn wenige Wochen später an ihrem ersten Arbeitstag im abgeschiedenen Rotis wieder traf, erlebte sie Aicher als einen betrübten Menschen. „Er war in seiner ganzen Haltung niedergeschlagen“, erinnert sich Maus.

Durch das Attentat vom 5. September 1972 sah Aicher seine mehrjährige Arbeit, die auch von harten Auseinandersetzungen um Gestaltungsfragen geprägt war, als gescheitert an. Dass sein Erscheinungsbild, losgelöst von den schrecklichen Ereignissen, bis heute weltweit als wegweisende Designarbeit Resonanz findet, war für ihn damals kaum zu erahnen. Es war nicht die Zeit, darüber nachzudenken. Im neu errichteten Atelier in Rotis warteten noch ein paar Folgeaufträge rund um die Olympischen Spiele, vor allem aber ein neues großes Projekt: Für das Zweite Deutsche Fernsehen (ZDF) war ein Erscheinungsbild zu entwerfen.

Nachholbedarf

Im Rahmen der Berichterstattung über die Olympischen Spiele 1972 in München, die von ARD und ZDF gleichermaßen übernommen wurde, fiel den Verantwortlichen beim ZDF in Mainz auf, dass im direkten Vergleich mit dem konkurrierenden ersten Programm Nachholbedarf in der sogenannten „Bildschirmpräsentation“, heute On-Air-Design genannt, bestand. So lag es nahe, sich in dieser Frage direkt an den Designer von Olympia zu wenden. Wenige Tage nach Ende der Spiele kam es zur ersten Kontaktaufnahme.

Ohne Leitbild: Der visuelle Auftritt des Zweiten Deutschen Fernsehens bevor Aicher ein kohärentes Erscheinungsbild entwarf. Senderkennung, Plakate, Broschüren, Vorspann und Beitragstrenner zwischen 1963 und 1973. Foto: FH Dortmund / ZDF Unternehmensarchiv, Mainz.

Präsentation

Innerhalb weniger Monate entstand ein umfassendes Erscheinungsbild. Designerin Monika Maus, damals gerade einmal Anfang zwanzig, übernahm die Projektleitung. Gemeinsam mit Otl Aicher machte sie sich mehrfach auf den Weg zum Sender in Wiesbaden und Mainz, um Gespräche mit allen Abteilungen und Redaktionen zu führen. In den Gesprächen mit den ZDF-Verantwortlichen ging es vor allem um das Selbstverständnis des Senders, der zehn Jahre zuvor als zweite öffentlich-rechtliche bundesweite Fernsehanstalt Deutschlands gegründet worden war.

Im Juni 1973 wurde eine große Präsentation in einem der ZDF-Fernsehstudios angesetzt. Für diesen Termin entstanden mehr als 100 handgefertigte Präsentationspappen im DIN A1-Format, die sich heute im Archiv des Senders befinden. Jedes Detail des visuellen Auftritts – von der Grafik der Wetterkarte, bis zur Beschriftung der Übertragungswagen – wurde bearbeitet. Der sogenannte »Erläuterungsbericht«, das Manuskript für Aichers Präsentation, umfasste nicht weniger als 24 Schreibmaschinen-Seiten.

Cover der ZDF-Hauszeitschrift „ZDF kontakt – Zeitschrift der Mitarbeiter des ZDF“, Ausgabe 3/1978.

Otl Aicher, Plakat mit der neuen ZDF-Wortmarke (1975). Foto: Oleg Kuchar. © Florian Aicher, Rotis, HfG-Archiv / Museum Ulm

Monika Maus und Otl Aicher bei der Arbeit am Layout der ZDF-Hauszeitschrift „ZDF-kontakt“ in Rotis. Foto: Sammlung Monika Maus, Ulm.

Otl Aicher, Plakat mit der neuen ZDF-Wortmarke (1975). Foto: Oleg Kuchar. © Florian Aicher, Rotis, HfG-Archiv / Museum Ulm

Entwurfsarbeit und Treffen mit ZDF-Verantwortlichen in Rotis. Foto: Sammlung Monika Maus, Ulm.

In der Rotisserie wurden Fernsehgeräte mit verschiedenen Bildschirmgrößen zu Testzwecken aufgestellt. Foto: Sammlung Monika Maus

Aicher erläutert die Entwürfe. Foto: Sammlung Monika Maus, Ulm.

In der Rotisserie wurden Fernsehgeräte mit verschiedenen Bildschirmgrößen zu Testzwecken aufgestellt. Foto: Sammlung Monika Maus

Aicher erörterte in diesem eingehenden Bericht das Thema Farben: „gemäß der absicht das ZDF als pluralistische anstalt darzustellen, wird vorgeschlagen, von einer einzelnen hausfarbe abzugehen, statt dessen eine palette zu wählen deren gesamtheit ein farbklima erzeugt anstelle eines farbprofils. trotzdem sollte man einem einzelnen farbton eine präferenz verleihen und ihn wo erforderlich als hausspezifisch ausbilden. dieser farbton erscheint vorgegeben in der hintergrundfarbe der heute-sendung. blau ist bereits heute eine das ZDF repräsentierende farbe. der farbton dieser sendung hat einen hohen eigenwert durch seine rötliche mischung. er liegt vielleicht an der grenze zwischen peinlichkeit und signifikanz, ist bei richtiger anwendung aber von hohem kennwert. (…)“

Es ist es erstaunlich, wie lange Aichers ZDF-Design genutzt wurde und dabei konstant blieb.

Seine Gestaltungsprinzipien hatte Aicher unter den Begriffen „Normen und Richtlinien“ zusammengefasst: „ein erscheinungsbild, das anstelle weniger konstanter elemente ein spiel von variation stellt, muß sich gegenüber auflösungstendenzen behaupten und braucht eine kontinuierliche regie. wo immer möglich, müssen gestaltungsprinzipien zu normen und richtlinien erhoben werden. so wird es zwingend, das typografische bild der bildröhre zu präzisieren, farben in exakten rezepturen festzulegen, schon aus gründen der rationalisierung formate zu vereinfachen, regeln für die schreibmaschinentypografie festzulegen, sowie normen für die typografie der geschäftspapiere aufzustellen.“

Monika Maus und Otl Aicher bei der Präsentation des Erscheinungsbildes in Wiesbaden, Juni 1973. Foto: Sammlung Monika Maus, Ulm.

ZDF-Verantwortliche während der Präsentation, Juni 1973. Foto: Sammlung Monika Maus, Ulm.

Otl Aicher erläutert die Entwürfe. Foto: Sammlung Monika Maus, Ulm.

ZDF-Verantwortliche während der Präsentation, Juni 1973. Foto: Sammlung Monika Maus, Ulm.

Sämtliche Fotos: FH Dortmund / ZDF Unternehmensarchiv, Mainz © Florian Aicher, Rotis.

Sämtliche Fotos: FH Dortmund / ZDF Unternehmensarchiv, Mainz © Florian Aicher, Rotis.

Drei Buchstaben, eine Marke

Auch Dinge, die vermieden werden sollten – beispielsweise der Einsatz der Nationalfarben –, wurden als Negativbeispiele visualisiert und den ZDF-Verantwortlichen vorgeführt. Monika Maus erinnert sich noch gut an den damaligen Termin: „Es gehört für mich zu den eindrücklichsten Erlebnissen, wie dieser bescheiden wirkende ruhige Mann in kürzester Zeit alle in seinen Bann zog. Die Faszination bei Präsentationen war spürbar, alle politischen Gruppierungen standen einträchtig nebeneinander und entschieden sich in einer Geschlossenheit, die Insider nicht für möglich gehalten hatten, für die Aicherschen Entwürfe.“

Tatsächlich gibt es zwischen den Vorschlägen aus der Präsentation und dem später realisierten Erscheinungsbild eine erstaunliche Übereinstimmung. Einzig von der Bildmarke, einer 1963 vom Gestalter Gustav Woldemar Hörnig (1914-2002) entworfenen römischen Zwei mit augenförmigen Sendestrahlen, wollte man sich in Mainz nicht trennen. Wie schon beim Kranich der Lufthansa und dem Strahlenkranz bei den Olympischen Spielen, kam Aicher auch bei diesem Erscheinungsbild um ein „fremdes“ Bildzeichen nicht herum. Die neu entwickelte Gestaltungslösung war allerdings so konstruiert, dass das alte Zeichen kaum noch eine Rolle spielte.

Zum eigentlichen Logo machte er die Abkürzung „ZDF“, die sich sowohl im internen Gebrauch als auch in der in der Außenkommunikation bereits Mitte der 1960er-Jahre durchgesetzt hatte. Aicher erkannte, dass die Abkürzung längt zur Marke geworden war. Im Erscheinungsbild gab er den drei Buchstaben als „Logogramm“ eine herausgehobene Rolle und machte so die Kurzform auch offiziell zum in der Öffentlichkeit verwendeten Sendernamen. Das Ganze passierte im Zusammenspiel mit einem weiteren übergreifenden Erkennungsmerkmal: einer eigens für das ZDF entworfenen Schrift.

Der visuelle Auftritt des Zweiten Deutschen Fernsehens; Broschüren und Senderkennungen vor Aichers grundlegender Erneuerung. © ZDF Unternehmensarchiv, Mainz.

Der visuelle Auftritt des ZDF nach Aichers Modernisierung im Jahr 1973. Einzig von der Bildmarke, einer 1963 vom Gestalter Gustav Woldemar Hörnig entworfenen römischen Zwei mit augenförmigen Sendestrahlen, wollte man sich in Mainz nicht trennen. Allerdings rückte immer mehr das von Aicher entworfene ZDF-Logogramm in den Blick. © ZDF Unternehmensarchiv, Mainz.

Hausschrift und Corporate Typography

Am Anfang seiner Entwurfsarbeit griff Aicher auf die Univers von Adrian Frutiger zurück. Eine funktionale Informationsschrift, die er bereits für das Erscheinungsbild der Olympischen Spiele genutzt hatte. Die damals noch geringe Auflösung von Fernsehbildschirmen zeigte bei ersten Versuchen jedoch, dass der Charakter der Schrift weitgehend verloren ging. Aicher machte aus der Not eine Tugend und entwickelte eine für Bildschirme optimierte Rundschrift mit vier Schnitten. Später wurden die ZDF-Schriften oft als abgerundete Univers bezeichnet.

Der genauere Vergleich offenbart jedoch zahlreiche eigenständige Details, die zu einer hohen Wiedererkennbarkeit führen. Entsprechend wurde die Schrift mit ihren vier Schnitten zum zentralen Gestaltungselement der neuen Identität. Sie kam bei sämtlichen Bildschirmanwendungen zum Einsatz und fungierte gleichzeitig als prägende Displayschrift bei Drucksachen und Beschriftungen. Nahezu drei Jahrzehnte war sie im Einsatz und gehörte damit zu den ersten Beispielen von wirklich konsequent und medienübergreifend eingesetzter „Corporate Typography“. Ein Blick auf Ausschnitte aus dem ZDF-Programm ab 1973 unterstreicht die immense Bedeutung der Schrift im damaligen Erscheinungsbild.

Auswahl von Letraset-Bögen mit Versionen des Logogramms. Foto: ZDF Unternehmensarchiv, Mainz.

Auswahl von Letraset-Bögen mit Versionen des Logogramms. Foto: ZDF Unternehmensarchiv, Mainz.

Letraset-Bögen mit unterschiedlichen Versionen des ZDF-Logogramms. Foto: ZDF Unternehmensarchiv, Mainz.

Letraset-Bögen mit unterschiedlichen Versionen des ZDF-Logogramms. Foto: ZDF Unternehmensarchiv, Mainz.

Das ZDF-Logogramm in verscheiden Strichstärken. Statt „eckigen Lettern“ entwarf Aicher „mattscheibenähnlich abgerundete Schriften“ (Der Spiegel), weil die Bildschirmauflösungen in den Siebzigerjahren noch niedrig waren, was Schriften stets etwas verschwommen erscheinen ließ. Aicher entwarf für die einzelnen Sendungen Intros, Vorspänne und Opener. Auch Schriften mit Schattierungen kamen zum Einsatz. Quelle sämtlicher Abbildungen dieser Reihe: ZDF Unternehmensarchiv, Mainz.

Das neue Erscheinungsbild, wie es im ZDF-Programm ab 1. Oktober 1973 sichtbar wurde. Montage: FH Dortmund.

Technologie

Die Faszination von Otl Aicher für neue Technologien ist ein noch wenig erkundeter Aspekt und kann in diesem Beitrag nur gestreift werden. Im Rahmen seiner Arbeit für das ZDF kam er in direkten Kontakt mit innovativer Computertechnik aus dem TV-Bereich. Er experimentierte intensiv mit elektronischer Bildveränderung. Die Ergebnisse, die an die mit der Isohelie-Technik erzeugten Olympia-Plakate erinnern, kamen später im ZDF-Programm jedoch kaum zum Einsatz. In einem Textbeitrag für das ZDF-Jahrbuch 1973 zum neuen Erscheinungsbild klingt seine Faszination für die zukunftsweisende Technik jedoch deutlich nach: „die technischen ausstattungen eines fernsehstudios sind in hohem maße geeignet neuartige visuelle mittel zu erzeugen und anzuwenden. wir sind seither von einem traum beherrscht: wir wollten, wir könnten unser atelier in ein solches studio verlegen. wir wollten, wir könnten mit elektronik design betreiben …“

Die von Aicher konzipierte Senderkennung mit dem Logogramm in Bewegung ging jedoch nie auf Sendung. Bei dem Video handelt es sich um eine spätere Rekonstruktion des ZDF-Designteams. Foto / Video: © ZDF Unternehmensarchiv, Mainz.

Die Vorspanne zu den ZDF-Sendungen „Tatsachen“ und „Länderspiegel“ wurden nach dem Konzept von Otl Aicher realisiert. © ZDF Unternehmensarchiv, Mainz.

Die von Aicher konzipierte Senderkennung mit dem Logogramm in Bewegung ging jedoch nie auf Sendung. Bei dem Video handelt es sich um eine spätere Rekonstruktion des ZDF-Designteams. Foto / Video: © ZDF Unternehmensarchiv, Mainz.

Rezeption

Passend zur Einführung eines neuen Programmschemas war das neue ZDF-Erscheinungsbild am 1. Oktober 1973 erstmals auf den deutschen TV-Bildschirmen zu sehen. Während die Fernsehzeitschrift „Hörzu“ aus diesem Anlass einen mehrseitigen Beitrag inklusive einer Fotoreportage aus dem büro aicher veröffentlichte, tauchte das Projekt in der Designpresse zunächst überhaupt nicht auf. Eine kurze Passage in der Fachzeitschrift „novum“, die im Rahmen eines Artikels über Aichers Erscheinungsbild für den Kur- und Wintersportort Bad Gastein abgedruckt wurde, deutet darauf hin, dass die Arbeit für das ZDF in der Fachwelt damals als Wiederholung des Olympia-Designs angesehen wurde.

Zur Rezeptionsgeschichte gehört auch die interne Diskussion beim ZDF. In einem umfangreichen Beitrag in der Mitarbeiterzeitschrift „kontakt“ wurde nach Einführung ein Pro und Contra in Form ausführlicher Gastbeiträge abgedruckt. Vor allem der leitende ZDF-Kulturredakteur Hajo Schedlich, von 1962 bis 1973 Redaktionsleiter für das Kleine Fernsehspiel, kritisierte die Designlösung massiv.

Schedlich schrieb 1974: „Gegen ein Image ist im Prinzip natürlich nichts einzuwenden, solange sich dieses Image dem Programmauftrag unterordnet. Sowie es aber zum Selbstzweck wird, sich zur Markenartikelneurose stilisiert und sich als Verpackung versteht, um besser verkaufen zu können, kehrt es Sinn und Zielsetzung einer öffentlich-rechtlichen Anstalt ins Gegenteil um. (…) Auch die Titel aller Sendungen sollen einheitlich geschrieben werden. Dem ,Faust‘ ist die gleiche Schrift gemäß wie dem Aufstiegsspiel einer Wasserballmannschaft. (…) Natürlich ist die Begrenzung ein künstlerisches Mittel und jede Auswahl bedeutet Verzicht, und mit Sicherheit hat die Eliminierung von Rot in der ZDF-Farbskala keine politischen Hintergründe, jedoch assoziieren die geaicherten Farben, bei mir jedenfalls, eine heile, eine unproblematische, eine harmonische in sich abgestimmte, optimistische, pastellige, eine Valium-Welt.“

Eine Übersicht des ZDF-Farbklimas ab 1973: Das Spektrum reicht vom hellen Blau bis zum komplementären Orange; Violett und rot sind ausgeklammert. Jeder Hauptredaktion wurde eine Farbe zugeordnet — nicht alle waren mit der zugewiesenen Farbe glücklich. © ZDF Unternehmensarchiv, Mainz.

Für die Einrichtung der Studios wählte Aicher ein Sortiment hochwertiger Stühle und Tische aus, vornehmlich Möbelentwürfe des US-amerikanischen Designers Charles Eames. © ZDF Unternehmensarchiv, Mainz.

Für die Einrichtung der Studios wählte Aicher ein Sortiment hochwertiger Stühle und Tische aus, vornehmlich Möbelentwürfe des US-amerikanischen Designers Charles Eames. © ZDF Unternehmensarchiv, Mainz.

Für einen so vielfältigen Sender wie das ZDF ist es erstaunlich, wie lange das Erscheinungsbild konstant blieb, ohne dass es in den ersten Jahren eine entsprechende Fachabteilung im Haus gab, die auf die Einhaltung der Regeln und Standards geachtet hätte. Erst 1987 wurde das ZDF-Erscheinungsbild erstmals umfassend überarbeitet, wobei vor allem neue Möglichkeiten der 3D-Animation für Vorspanne hinzukamen. In Sachen Typografie und Farben blieb man bei den 1973 entwickelten Parametern. Auch in zwei weiteren Überarbeitungen in den Jahren 1992 und 1998 wurde viel geändert, die abgerundeten Hausschriften blieben jedoch weiterhin das prägende Element.

2001 verschwanden die Aicher-Schriften schließlich im Rahmen eines umfassenden Re-Designs endgültig von den deutschen TV-Bildschirmen. Spricht man mit den für das aktuelle Design verantwortlichen Gestaltern beim ZDF, dann sind Otl Aicher und seine Klarheit in der visuellen Kommunikation immer noch eine feste Größe. Beim Gang durch das ZDF-Gebäude wird man nicht ohne Stolz auf Piktogramm-Beschilderungen hingewiesen, die seit 50 Jahren ihren Dienst tun.

Den TV-Zuschauern dürfte vor allem die regelmäßig zwischen den Sendungen eingeblendete Uhr noch im Gedächtnis geblieben sein. Foto: ZDF Unternehmensarchiv, Mainz

Den TV-Zuschauern dürfte vor allem die regelmäßig zwischen den Sendungen eingeblendete Uhr noch im Gedächtnis geblieben sein. Foto: ZDF Unternehmensarchiv, Mainz

Das Studio des heute journals anno 1978. Im Bild: Der Fernsehjournalist und Nachrichten-Moderator Dieter Kronzucker an einem Tisch des Möbelsystems USM Haller, das Aicher zur Einrichtung der ZDF-Studios nutzte. Foto: © ZDF Unternehmensarchiv, Mainz.

Hommage à Aicher: „Mit dem Zweiten sieht man besser – und mit den Piktogrammen von Otl Aicher wird vieles gleich viel klarer.“ Im Jahr 2005 hat das ZDF eines der bekannten Sportpiktogramme von Otl Aicher modifiziert und in seiner Werbung eingesetzt. Foto: ZDF Unternehmensarchiv, Mainz

Aicher-Würdigung im heute journal am Vorabend von Aichers Hundertstem. Foto: ZDF Unternehmensarchiv, Mainz.

Hommage à Aicher: „Mit dem Zweiten sieht man besser – und mit den Piktogrammen von Otl Aicher wird vieles gleich viel klarer.“ Im Jahr 2005 hat das ZDF eines der bekannten Sportpiktogramme von Otl Aicher modifiziert und in seiner Werbung eingesetzt. Foto: ZDF Unternehmensarchiv, Mainz

2023 hat Jens Müller Rahmen eine detaillierte Analyse der wechselnden ZDF-Erscheinungsbilder seit 1963 veröffentlicht. Das Buch ist Resultat seines Forschungsprojekts mit Studierenden am Fachbereich Design der FH Dortmund. Der Band ist in der Buchreihe A5 unter dem Titel „ZDF TV+Design” erschienen und unter www.optikbooks.de erhältlich.

2023 hat Jens Müller Rahmen eine detaillierte Analyse der wechselnden ZDF-Erscheinungsbilder seit 1963 veröffentlicht. Das Buch ist Resultat seines Forschungsprojekts mit Studierenden am Fachbereich Design der FH Dortmund. Der Band ist in der Buchreihe A5 unter dem Titel „ZDF TV+Design” erschienen und unter www.optikbooks.de erhältlich.

Jens Müller (*1982) ist Grafikdesigner, Typograf, Buchgestalter, Fachbuchautor, Verleger und Hochschullehrer. Er studierte Kommunikationsdesign in Düsseldorf. Für die Deutsche Post realisierte über ein Dutzend Sondermarken, die in Millionenauflagen gedruckt wurden. Gemeinsam mit Karen Weiland-Adams gewann er den renommierten Corporate-Design-Wettbewerb der Kieler Woche. Mit Katharina Sussek und Andreas Magino betreibt er das Designstudio vista in Düsseldorf. Neben seiner Arbeit als Gestalter forscht er zur Geschichte des internationalen Grafikdesigns und ist Autor viel beachteter Fachbücher, darunter „Logo Modernism“ und „The History of Graphic Design“. Als Professor für Corporate Design unterrichtet er an der Fachhochschule Dortmund.