Was ist aus Otl Aichers einstigem Domizil geworden? Ein Ortsbesuch im Allgäu.
Nicht zu übersehen, hochoriginell
Otl Aichers Plakatstelen für die Ulmer Volkshochschule Ulm (vh)
Im Jahr 2000 stellte der Designer und Semiotiker Martin Krampen in einer umfassenden Publikation Otl Aichers 328 Plakate für die Ulmer Volkshochschule (vh) vor. Krampens Text über die Plakatstelen der vh ist diesem Buch entnommen.
Von Anfang an war die Werbung für die Ulmer Volkshochschule immer auch ein wirtschaftliches Problem. Die Plakate auf in der Stadt Ulm stehenden Plakatsäulen wurden zunächst in städtischer Regie angeschlagen. Nach der Währungsreform vom Juli 1948 wurden die Mittel der Volkshochschule knapper und die Stadt übernahm einen Teil der Anschlagskosten. Dafür durften städtische Angestellte vh-Kurse in Stenografie und Maschinenschreiben kostenlos besuchen. Bald darauf verpachtete die Stadt das Plakatunternehmen. Mit dem neuen Unternehmer wurden Verhandlungen über eigene Plakattafeln für Volkshochschule und städtisches Theater geführt. Im Spätherbst 1950 bat die Ulmer Volkshochschule darum, 40 eigene Plakattafeln aufstellen zu dürfen. Ohne erst eine Genehmigung abzuwarten wurde die Herstellung von 40 dieser Tafeln in Auftrag gegeben. Im Dezember 1950 fand dann eine Ortsbegehung mit Vertretern der Volkshochschule, des Amtes für öffentliche Ordnung, des Stadtplanungsamtes und des Liegenschaftsamtes statt, in der Standplätze für 25 der neuen, vertikalen Anschlagtafeln festgelegt wurden.
Plakatstele für die Ulmer Volkshochschule (um 1953). Gestaltung: Otl Aicher. Fotograf/in unbekannt. © Florian Aicher Rotis, HfG-Archiv / Museum Ulm. HfG-Ar Ai F 16101-5
Plakatstele für die Ulmer Volkshochschule (um 1953). Gestaltung: Otl Aicher. Fotograf/in unbekannt. © Florian Aicher Rotis, HfG-Archiv / Museum Ulm. HfG-Ar Ai F 16101-5
Plakatstele für die Ulmer Volkshochschule (um 1953). Gestaltung: Otl Aicher. Fotograf/in unbekannt. © Florian Aicher Rotis, HfG-Archiv / Museum Ulm. HfG-Ar Ai F 1199
Kurt Fried, als Zeitungsherausgeber und Stadtrat eine der Schlüsselfiguren des Ulmer Kulturlebens, schrieb im Monatsspiegel vom Februar 1951 laut Eintragung seines allmonatlichen Tagebuches vom 10. Januar: „Im Stadtbild tauchen die mahnenden Totempfähle der vh, die neuen Plakattafeln meinen wir, auf. Nicht zu übersehen. Hochoriginell!“ Die Wirtschaftsabteilung der Stadt stimmte dann mit einer rügenden Bemerkung nachträglich der Aufstellung zu. Die Genehmigung für die insgesamt 40 Plakatstelen folgte, und die Stadt leistete weiter einen monatlichen Beitrag zu den Kosten des Plakatanschlages, die mit dem Pächter verrechnet wurden (Protokolle 1950). Ab jetzt fanden unter dem Signet von ca. 40 x 40 cm die vertikalen Plakate der monatlichen „Donnerstagsvorträge“ von etwa 40 x 80 cm und am Fuß der Stele zwei quadratische Plakate von je 40 x 40 cm für Kursveranstaltungen ihren festen Platz. Die bisherigen typografischen Programme von ca. 40 x 60 cm wurden in die Mitte zwischen das hochformatige und die beiden quadratischen Plakate geklebt. Daraus resultiert eine Stele mit einer Höhe von ca.2,60 m auf einem Fuß von ca. 40 cm. In der Typografie erfolgt mit der Stele endgültig der Umschwung zum Normalsatz.
Otl Aicher, Rhythmus und Wandel in der Kunst, vh Plakat ca. 1950, © Florian Aicher, HfG-Archiv / Museum Ulm
Otl Aicher, Rhythmus und Wandel in der Kunst, vh Plakat ca. 1950, © Florian Aicher, HfG-Archiv / Museum Ulm
Otl Aicher, Jürgen Uhde - Einführung in Bela Bartok, vh Plakat 1950, © Florian Aicher, HfG-Archiv / Museum Ulm
Otl Aicher, Kursus- und Ausstellungsplakat, vh Plakat 1953, © Florian Aicher, HfG-Archiv / Museum Ulm
Otl Aicher, Kursus- und Ausstellungsplakat, vh Plakat 1953, © Florian Aicher, HfG-Archiv / Museum Ulm
Otl Aicher, Ausschnitt Pausenplakat, vh Plakat, vor 1960, © Florian Aicher, HfG-Archiv / Museum Ulm
Martin Krampen (1928-2015) war Designer, Künstler und Semiotiker. Er studierte von 1948 bis 1950 Theologie, Psychologie und Kunstgeschichte an den Universitäten Tübingen und Heidelberg und Rom bevor er im Herbst 1953 ein Praktikum im Ulmer Grafikbüro von Otl Aicher absolvierte. Im Dezember 1953 immatrikulierte er sich an der Hochschule für Gestaltung Ulm (HfG), wo er Visuelle Kommunikation studierte, später lehrte er als Dozent an der HfG. Er war danach Professor für Design und Psychologie in den USA und Kanada, von 1972 bis 2005 war er Lehrbeauftragter an der Hochschule für Gestaltung Schwäbisch Gmünd. Mit Aicher veröffentlichte er 1977 das Buch „Zeichensystem der visuellen Kommunikation. Handbuch für Designer, Architekten, Planer, Organisatoren“. Im Jahr 2000 erschien Krampens Buch „Otl Aicher – 328 Plakate für die Ulmer Volkshochschule“, dem dieser Text entnommen ist.
Anmerkungen
Die Publikation dieses Textes ist möglich durch die freundliche Genehmigung von Reintraut Semmler, der Nachlassverwalterin von Martin Krampen in Ulm durch den Verlag Wilhelm Ernst & Sohn, Berlin. Martin Krampen: Otl Aicher – 328 Plakate für die Ulmer Volkshochschule. Seite 120, Berlin 2000. Copyright Ernst & Sohn GmbH, Verlagsgruppe Wiley-Blackwell, Hoboken (New Jersey), Reproduced with permission.
Gerrit Terstiege
Rotis: Licht und Schatten
Was ist aus Otl Aichers einstigem Domizil geworden? Ein Ortsbesuch im Allgäu
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Jens Müller
Zeitenwende im On-Air-Design
Mit seinem Erscheinungsbild für das Zweite Deutsche Fernsehen (ZDF) wollte Otl Aicher „das typografische bild der bildröhre präzisieren“.
Erstsendung: 15.02.1971 im Bayerischen Rundfunk, München
Fernseh-Dokumentation: Olympia kulturell (1971)
Erstsendung: 15.02.1971 im Bayerischen Rundfunk, München.