Was ist aus Otl Aichers einstigem Domizil geworden? Ein Ortsbesuch im Allgäu.
Rotis als Ort, Rotis die Schrift – beides spielt im Buch des Fotografen Timm Rautert (Jahrgang 1941) die zentrale Rolle. „Wenn ihm etwas nicht gefallen hat, hat er sich auf die Unterlippe gebissen,“ erzählt Rautert in einem Video zu seinem Buch, „da wurde es ein bisschen gefährlicher. Aber ich bin hart geblieben.“ Aicher, so der Fotograf, schätzte, „wenn einer nicht zu leicht umgefallen ist.“
Als Aicher in Rotis lebte und arbeitete, begleitete ihn Rautert nicht nur bei einzelnen Projekten (wie dem in der FSB Edition erschienenen Band „Zugänge – Ausgänge“, mit Texten von Aicher, Jürgen Becker und Wolfgang Pehnt, Köln 1990), sondern besuchte ihn immer wieder, fotografierte Leben und Arbeiten in der „autonomen republik“ Aichers. Durch eigene Gelassenheit überwand er gelegentliche Zurückweisungen. Zu den ruhigen, klaren Fotografien von Rautert gibt es Texte von Dan Reynolds, der die Schriftfamilie Rotis beleuchtet und von Oliver Kimpel, der auf das historische Rotis blickt, einen „Ort aus einer anderen ökonomischen und politischen Zeit: abgelegen und doch privilegiert, im tiefsten Westdeutschland.“ Rautert berichtet über Besonderheiten seiner Aicher-Kooperation, etwa beim Buch über das Berliner Philharmonische Orchester. „zwei bilder“, befand Aicher einst im FSB-Rautert-Buch, „sind eine einladung zum vergleich, und wo verglichen wird, stellt sich keine andacht ein.“
Ute Eskildsen und Gerhard Steidl (Hrsg.): otl aicher / rotis, Fotos von Timm Rautert. ISBN 978-3-95829-875-0, Steidl Verlag, Göttingen, 2021
35 Euro